Wie richche de Wellinger Schproche es
Wie richche de Wellinger Schproche es.
On der rummelskoppeschtung en Wellinger Kurgast. Nee goldene Uhrkerre bambelte of sin ohnsehnlechen Buchwerke, große Ringe hadde he of den Fengeren, die dicke woren wie Frankforter Werschterchen, un of der krommen Nose hadde he ne noggemoresche Brelle met großen Trurrade. Newen’en schtunk sinne Frau, in’en Hosenrocke, daß se kungme ‘n Schrett machen kunkkte, wiksen Schteckelschichelchen, derchbrochenenSchtrempen, Pelzkrogen un roren Sonnenscherme. Die zwei gocken sech Reinerschhausen un Immegegend on. De Schtroße von Hundsdorf her kom der Hannes, der in Haina Freiquartier hadde, in alle Welt bekannt wor un den Kurgästen meschemol sinne Offwartunge machte.
Dos Pärchen, dos ech owen beschrebb, kannte den Hannes noch net. Awer der Herr dachte, der Mann misste doch hierem Bescheid wessen unfroggte: „Sagt mal, lieber Mann, was ist das für ein Dorf dort, nicht das erste hier vorn, das dort hinten?“
Der Hannes sahd: „Hä!?“ grinste und hull de Hand of. „Der Herr Bankier wünscht zu wissen, wie das Dorf dort hinten heißt“, mischte sich die Dame ein.
Der Hannes sahd: „Hä!?“ grinste und hull de Hand of. Se kunnten frogen, wie’se wullen, der Hannes sahd nur „Hä“, bleckete de Zähne un hull de Hand off. ‘s wor neks uks’en ruks zu kriggen.
Do kom imme de Ecke der Metzger B. uks der Schtodt. Von den dachte nu der Herr Bankier Ukskunft zu kriggen. Wie he’n ewen frogen wull, gock he zufällig hinger sech uns ok, wie der Hannes de zonge lang uks den Mugle streckete. Der feine Herr drehte sech beleiriget rem un froggte insen Meister: „Erlauben Sie, wenn ich mich bei Ihnen nach dem Namen des Dorfes dort hinter erkundige. Den Jungen da habe ich vergebens um Auskunft gebeten. Der Mensch kommt mir sonderbar vor.“
Inse Meister sok sech den Hannes on un sahd: „Ach, der Hainsche Brurer!“
„Was sagen Sie, was meinen Sie?“
„Ach, ech meine, der schpelt en Achtelchen in der Jenaer Lotterie.“
„Wie, der Mensch spielt in der ..“
„Me schprecht hie so, ech meine domerre, bie denn es ne Schrauwe lose.“
„Eine Schraube? Er hat doch keinen Wagen.“
„Jo so meine ech es net, ech meine, he hodd’en Rappel.“
„Verstehe nicht.“
„Ech meine, he hodd’n Sparren.“
„Einen Sparren? Können Sie sich nicht deutlicher ausdrücken?“
„Deitlicher? Verschtenn Se dann net, he es net bie Hessen Groschen.“
„Hessen? Wir sind doch nicht in Hessen?“
„Ne, dos net, me sin in hellen Waldeck, awer der do es net rächt helle, verschtenn Se dann kein Deitsch?“
„Das wohl, aber ich begreife nicht, nicht recht helle ..“
„Ne, he es net rächt bie Troste.“
„Trost u. Comp? Was hat die Casseler Firma hier zu tun?“
„‘s hapert bie’n, he es’en Döskopp.“
“Ein Döskopp? Was mag das wohl sein, Frau?”
„Keine Ahnung, Mann.“
„Keine Ahnungen et? Jo, wenn die Fremeden kein Hochdeitsch verschtenn, he es net ganz rechteg in Ewerstebbchen.“
„Ewer - Ewer - was ist das für ein Ding?“
„Dos es kein Deng nett. So sprecht me bie ins, wenn einer’en Oewel, en Alwer, en Dallart es.“
„Was für Worte“, meinte die Frau „Da müsst ein Sprchkenner, ein Germanist …“
„Ich verstehe auch nicht, merkwürdig, sonderbar.“
„Dos es jo sonderbar. Dos ka’mme doch verschtenn, we’mme sprecht so’n Dämelack, so’n Mondkalb, so’n Fickfäcker. Met einen Worte, he es ewergeschnappet, hinger den Monde derheime.“
„Mond?“ Was soll das, ich verstehe in der Tat nicht.“
„Se verschtenn net? Donner noch’emo, he es hainsch,dämelech, wungerlech, he dodd’se net alle“.
„Nicht alle? Was hat er nicht alle?“
„Wos he net alle hodd? Sinne fenf Sinne hodd he net alle.“
„Ah! Seine fünf Sinne hat er nicht beisammen. Mir geht ein Licht auf, ich fange an zu verstehen.“
„Dos es au bahle Zikt. He es en ungescheiter Kerle, well ech noch ewerkomblett zusetzen. Dos es doch zu verschtenn.“
„Sie wollen mit dem Gesagten andeuten, dass der arme Mensch geistesschwach, blöde, sagen wir blödsinnig ist.“
„Jo, dos es’he, he es net rächt gescheit, he es en Idiot, he is dösig, bestusst, meschugge, he es - -„
„Halten Sie ein! Sie wollten als sagen, dass der Junge ein Geistesschwaer ist, das konnten Sie doch gleich und kurz sagen.“
„Hon ech dos net? Se verschtungen nur net glich.“
„Es ist gutz, Mann“, warf die Dame ein, „es ist gut, dass der Mann das nicht gleich gesagt hat, wir hätten sonst den Sprachenreichtum, über den das Volk hier verfügt, gar nicht kennen gelernt.“
„Ja“, sagte der Herr zum Metzger, „Ihre Sprache ist vielseitig, einen Begriff festzustellen. Abetr nun sagen Sie mir doch wohl, wie das Dorf dort hinten heißt, das zweite dort?“
„Dos?“ Dos es Alwerschhausen.“
„All - Allwe - Allwer - was sagen Sie? Sie werden wohl anzüglich, Mann, Donner und Doria!“
Der Herr Bankier puck sin Stock fester. Inse Meister peff sin’n Hunne un Schproch ganz fringdlech: „Sonner un Doria heißt’s bie ins net; me sengen Gloria, Viktoria. Un of Hochdeitsch heißt dos Dorf do hingen: Albertshausen.“
Die Frau Bankier hob den kurzen Rock hecher un zoppete ehren Mann on’n Aermel. Der verschtunk, packete on sin’n Hut und sahd: „Danke schön.“
„Keine Ursache net“, sahd inse Metzger, schtoppete met den Dungmen den Tawak in der Pikfe fester, gung weirer, lachte fer sech un peff sech eins.
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Text aus: Die Mudarten im Kreise der Eder von Christian Fleischhauer, Verlag Ernst Funk Nachf. , Bad Wildungen 1926